Die hohe Inflation, unsichere Konjunkturaussichten, hohe Energiepreise und geopolitische Spannungen haben dazu geführt, dass deutsche Großunternehmen ihre geplanten Investitionsprojekte stoppen. Laut einer aktuellen Umfrage von EY haben 53 Prozent der befragten deutschen Konzerne aktuell geplante Investitionen gestoppt, während weltweit nur 40 Prozent der Unternehmen in derselben Situation sind. Sowohl in Deutschland als auch weltweit ist der Anteil der gestoppten Investitionsprojekte seit Jahresbeginn gestiegen.
Steigende Verlagerungspläne: Deutsche Unternehmen setzen verstärkt auf Standortwechsel
Eine steigende Anzahl deutscher Unternehmen plant die Verlagerung ihrer Betriebsstätten. Seit Jahresbeginn ist der Anteil der deutschen Konzerne mit Verlagerungsplänen von 30 auf 39 Prozent gestiegen, während es weltweit nur ein leichtes Wachstum von 36 auf 37 Prozent gab.
Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen setzen Unternehmen weiterhin auf Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI). Weltweit haben bereits 43 Prozent der Unternehmen in KI investiert, während es in Deutschland sogar 53 Prozent sind. Darüber hinaus planen 42 Prozent der deutschen Unternehmen und 45 Prozent der weltweit befragten Unternehmen derartige Ausgaben. Lediglich fünf Prozent der deutschen und zwölf Prozent der weltweit befragten Unternehmenslenker glauben, ohne KI-Innovationen auskommen zu können.
Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf den Antworten von 1.200 Vorstandsvorsitzenden aus Großunternehmen weltweit, darunter 100 aus Deutschland, in einer Umfrage von EY.
Constantin M. Gall, Leiter des Bereichs Strategy and Transactions bei EY in Westeuropa, sieht deutsche Unternehmen in einer schwierigen Lage. Hohe Energie- und Rohstoffpreise, eine unbefriedigende Auftragslage und eine sinkende Kauflaune erhöhen den Kostendruck. Gleichzeitig erleben Unternehmen einen starken Digitalisierungstrend, der durch den KI-Boom weiter beschleunigt wird. Um dennoch investieren zu können, müssen Unternehmen einen strikten Sparkurs einschlagen.
Die Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) sind enorm und können Unternehmen dabei helfen, Automatisierung, Effizienzsteigerung, Forschung und Entwicklung sowie Kundenansprache auf ein neues Niveau zu heben. Trotz des massiven Kostendrucks setzen viele Unternehmen auf ambitionierte KI-Projekte, um ihre Transformationsbemühungen zu beschleunigen und zu verstärken. Die Potenziale von KI-Technologien ermöglichen es Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und sich den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen erfolgreich zu stellen.
Im Bereich der M&A-Aktivitäten gewinnen Zu- und Verkäufe von Unternehmen wieder an Bedeutung. Unternehmen priorisieren Verlagerungen auf kostengünstigere Produktionsstandorte und verschieben oder stoppen nicht erforderliche Investitionen. Weltweit planen 59 Prozent der Unternehmen Fusionen oder Übernahmen, verglichen mit 46 Prozent zu Jahresbeginn. In Deutschland liegt dieser Anteil bei 62 Prozent im Vergleich zu 39 Prozent zu Jahresbeginn.
In den kommenden Monaten werden zahlreiche Unternehmenstransaktionen erwartet, bei denen es darum geht, Unternehmen flexibler und schlagkräftiger zu machen und das Geschäftsmodell an neue Rahmenbedingungen anzupassen. Die Künstliche Intelligenz spielt dabei eine entscheidende Rolle als Katalysator für diese Aktivitäten. Die Kurssteigerungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz an den Weltbörsen zeigen, dass dieser Bereich die Kapital- und Transaktionsmärkte maßgeblich beeinflusst. Deutsche Unternehmen nutzen diese Entwicklung, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen.
Obwohl die Wirtschaftswelt von den Potenzialen der Künstlichen Intelligenz begeistert ist, scheint das Thema Nachhaltigkeit in den Hintergrund zu rücken. Nur 16 Prozent der Unternehmen weltweit und in Deutschland geben an, dass Nachhaltigkeitsinitiativen im Mittelpunkt ihrer Investitionsstrategien stehen. Für weitere 22 Prozent weltweit und 33 Prozent in Deutschland ist Nachhaltigkeit einer von mehreren Bereichen, in die prioritär investiert wird. Doch immerhin 34 Prozent der weltweit befragten Unternehmen sehen keine Notwendigkeit, in Richtung Nachhaltigkeit zu investieren, während es in Deutschland nur 15 Prozent sind.
Eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie ist für Unternehmen von großer Bedeutung, um ihre Position am Markt zu sichern. Unternehmen, die nicht aktiv an der Optimierung ihrer Geschäftsmodelle arbeiten, setzen sich dem Risiko aus, von Investoren und Kapitalgebern abgestraft zu werden. Eine stringente Nachhaltigkeitsstrategie kann Unternehmen dabei unterstützen, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und mögliche Übernahmen zu verhindern.
Gall sieht die Transformationsthemen ESG und Digitalisierung als eng verzahnt an. Sie haben einen weitreichenden Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette und das wirtschaftliche Umfeld. Unternehmen können es sich nicht leisten, passiv zu bleiben, sondern müssen aktiv auf diese Trends reagieren, unabhängig von der aktuellen Konjunkturlage.
Gemäß einer Umfrage planen fast 30 Prozent der deutschen Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten eine Umgestaltung ihres Portfolios. Von diesen Unternehmen möchten 29 Prozent den Umbauprozess beschleunigen, während 45 Prozent ihr Tempo beibehalten möchten. Im Vergleich dazu beabsichtigen weltweit nur 21 Prozent der Unternehmen, den Veränderungsprozess zu beschleunigen, während 42 Prozent das Tempo beibehalten möchten. Deutsche Unternehmen zeigen damit eine hohe Bereitschaft zur Veränderung.
Die deutsche Industrie befindet sich in einem dramatischen Veränderungsprozess, der eine Mischung aus Alarm- und Aufbruchsstimmung erzeugt. Unternehmen sind sich bewusst, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit immer wieder neu definieren müssen, insbesondere international agierende Konzerne, die von ausländischen Märkten abhängig sind. Sie reagieren daher besonders sensibel auf Veränderungen im weltweiten Wirtschaftsumfeld und sind bereit, sich anzupassen und zu verändern.
Deutsche Unternehmen setzen trotz aktueller Herausforderungen auf Künstliche Intelligenz und M&A-Aktivitäten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Ambitionierte Projekte werden gestartet, um die Chancen und Potenziale von KI zu nutzen. Gleichzeitig wird die Bedeutung von Nachhaltigkeit betont, da eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie Unternehmen vor negativen Auswirkungen an der Börse schützen kann. Die Themen ESG und Digitalisierung sind eng verknüpft und erfordern ein aktives Handeln der Unternehmen. Deutsche Unternehmen zeigen eine starke Bereitschaft zur Veränderung und treiben den Umbau voran.